Chronik_Fischland_Pokal_1

An
die sämtlichen Herren Schiffskapitaine des Fischlandes
zu
Kirchdorf, Althagen Dierhagen und Daendorf Meine Herren!

Vor einem Viertel-Jahrhundert schied ich von Ihnen, nachdem ich 13 Jahre als zweiter Beamter beim dortigen Amte angestellt gewesen, zum ersten Beamten beim Amte Stavenhagen ernannt. Ich schied ungern und mit schwerem Herzen von dort, denn ich hatte die Einwohner des dortigen Amtes sehr lieb gewonnen, lieber wie keine anderen der übrigen Ämter bei denen ich fungirt habe. Ich schied besonders ungern von den Bewohnern des Fischlandes, für die ich vorzugsweise großes Intereße bekommen, deren Beruf ich richtig würdigte wiederen Einfluß auf die Wohlfahrt unseres Vaterlandes, deren Charakter und Lebensweise ich achtete.

Ich habe, wenn gleich ein Vierteljahrhundert von dort entfernt, Fischland und seine Bewohner nicht vergessen, besonders die Seemänner nicht, die ich viel in Gedanken begleitet, wenn sie die Oceane der Welt durchschiffen. Sie dagegen meine Herren, haben mich vieleicht aus ihrem Gedächtniß verlohren, mich wohl wenig gekannt, wenig gesehen, wohl aber haben mich diejenigen von Ihnen gewiß gesehen, die in den Jahren von 1821 bis 1833 mit Einschluß, gelooset haben, denn ich habe Sie selbst unter dem Militairmaaß gemessen, looseten Sie nicht Selbst, sondern durch Bevollmächtigte mit, und bin ich so glücklich gewesen, es dermalen für alle Fischländischen Seefahrer mithin auch für Sie zu erreeichen, daß Sie nicht ins Militair eingestellt wurden, sondern zur See beurlaubt, unbehindert ihren Beruf folgen konnten.

Sehr wünsche ich nun aber von Ihnen nicht vergessen zu werden. In Ihrem Andenken zu bleiben, und um dasselbe zu erneuern, und für lange Zeit zu begründen, übersende ich Ihnen hierneben einen Humpen, dergleichen einst meine Vorfahren, vor länger denn 500 Jahren im Gebrauch hatten, vom schönsten Krystall mit einer Dedication, meinem Familien-Wappen und passenden Emblemen versehen, zu meinem fortwährenden Andenken, mit der Bitte ihn von mir als Geschenk so freundlich anzunehmen, als herzlich ich ihn Ihnen darreiche, und auch der beykommenden von mir verfaßten Bestimmung in Gebrauch zu nehmen, und stets danach zu benutzen. Ich habe diesen Humpen in Böhmen anfertigen und alles darauf Befindliche nach meiner Vorschrift graviren lassen.

Auf der Vorderseite befinden sich Worte der Zuneigung darunter mein Familien-Wappen, und auf den beiden Seiten, auf erhöheten Krystall Medaillons, zwei Schiffe, das eine abgetakelt ruhig liegend, sichtbar darauf, die Besatzung an Bord, theils auf dem Verdeck stehend, theils auf dem Bugsprit sitzend, das andere in voller Fahrt mit vollen und aufgeschwollenen Segeln. Allgemein hat der Humpen hier gefallen, und ich hoffe er wird auch Ihren Beifall erhalten. Zur größeren Sicherheit und Beschützung des Humpens habe ich eine Kapsel von Zink darüber fertigen lassen und solche auspolstern, es wird dieselbe Schutz gewähren, gegen manche Gefahr und Beschädigung.

Und so übergebe ich Ihnen Allen meine Herren, den beykommenden Humpen, zu meinem dauernden Andenken, als Ihr alter, stets gebliebener, und bis an mein Ende, bleibender Freund, mit dem Zuruf!

Gott! segne Fischland!
Gott! segne dessen Bewohner!
Gott! segne dessen See ,,Männer"!
immer, und führe sie stets glücklich!



Hochachtungsvollst
ganz ergebenst
F. W. v. Lowtzow
Landdrost

Doberan
den 2 ten Februar 1859

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Quelle:
Übertragen aus dem in Sütterlin geschriebene Originaltext von Jochen Permien, Hamburg 1997. Die Übertragung ergänzt und geschrieben von Herrn Günther Weihmann, Wustrow 1998.